AVRAM Ensemble

Programm I

KLANGBRÜCKEN


Aus dem Ordo Virtutum - Spiel der Kräfte
Hildegard von Bingen 1098 - 1179 (lateinisch)

Tala ael badru
Zum islamischen Neujahrsfest (arabisch traditionell)

Hicaz Medhal
Instrumentalstück – klassisch türkisch

Yah Ribon
Israel ben Moses Najara 1555-1628 (aramäisch)

Quia respexit humilitatem
aus dem 'Magnificat' - Lobgesang der Maria (lateinisch)
Johann Sebastian Bach 1685-1750

Bâd o Âb
Dschelaleddin Rumi 1207-1273
aus dem Diwân´e Schams (persisch)

Bâng – e Robâb
Liedbearbeitung: Mohsen Poor Hosseini, Ali Ahmadifar

Avram Avinu
jüdisch-sephardisch traditionell (ladino)

- Pause -

Cantaben els Ocells
aus dem` Llibre d´amic et amat´ Ramon Llull 1232 – 1316
Melodie: Guiraut de Bornelh (katalanisch)

Ben yürürem yane yane
Yunus Emre ca.1241 - 1321
Melodie: Anonym (türkisch)

Rosa das Rosas
aus den `Cantigas de Santa Maria´
König Alfonso X. der Weise (el Sabio) 1221-1284 (galizisch)

Unzer Toirele
Klezmer instrumental

La Sirena
jüdisch-sephardisch traditionell (ladino)

Rezitation

Dschelaluddin RUMI – aus Masnawi und Diwân-e Schams
Ramon Lull – Vom Heiden und den drei Weisen
Gotthold Ephraim Lessing – Ringparabel aus Nathan der Weise

Zu den Inhalten:


HILDEGARD VON BINGEN

Hildegard von Bingen, Benediktineräbtissin, Visionärin, Medizinerin, Musikerin, Universalgelehrte, war die erste Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters. Die berühmte Nonne predigte als erste Frau öffentlich und genoss bei geistlichen, wie bei weltlichen Würdenträgern hohes Ansehen. In ihren kühnen und freien Kompositionen drückt sich die starke Bewegung ihrer inneren Schau aus. Ihren Liedern entströmt, was dem Wort unaussprechlich bleibt. Ihr ORDO VIRTUTUM ist das erste schriftlich überlieferte Mysterienspiel Europas. Es schildert den Entscheidungskampf zwischen Gut und Böse, den göttlichen Tugenden und dem Diabolus, der auch in jeder menschlichen Seele stattfindet. Selbst die Weisen und Propheten wenden sich fragend den himmlischen Ereignissen zu. Antwort erhalten sie von den göttlichen Kräften, den Tugenden: Sie verweisen auf die Würde des Menschenleibes, in welchem sie erstrahlen und auf Christus, dessen `edelsteingeschmückten Leib´ sie schufen als leuchtendes Vorbild, als den Heiler der Menschheit.

ISRAEL BEN MOSES NAJARA

Israel Ben Moses Najara stammte aus Damaskus und war eines der berühmten Mitglieder der Kabbala- Schule von Safed im Norden Galiläas. Hier war nach der Vertreibung der Juden aus Andalusien eines der großen Zentren jüdischer Gelehrsamkeit entstanden. Najara war als Rabbi in Gaza tätig und soll an die sechshundert Hymnen in verschiedenen Sprachen gedichtet haben, die er gewöhnlich mit arabischen Melodien unterlegte. YAH RIBON, ein Lobeshymnus an Gott in aramäischer Sprache ist ein Hauptthema der Shabbat- Liturgie und wird an Freitagabenden überall auf der Welt gesungen. Dieser Tisch- Hymnus wird beschrieben als Brücke zwischen den Menschen und dem Göttlichen, der zugleich ernsthaftes Gebet und fröhlicher Jubel ist.

JOHANN SEBASTIAN BACH

Johann Sebastian Bach, der überragende Komponist des Barock, der sein gesamtes Schaffen dem Lobe Gottes widmete, schuf ein gewaltiges Werk von vollendeter architektonischer Harmonie und großer seelischer Innigkeit. In seinen Arien drückt sich sehr oft die leidenschaftliche Sehnsucht der menschlichen Seele nach größtmöglicher Gottesnähe aus. (`Ich hab dich in mir verschlossen...´,`Sein Arm wird mich aus Lieb´, mit sanftmutsvollem Trieb und größter Zärtlichkeit umfassen, er soll mein Bräutigam verbleiben...´,` Du in mir und ich in Dir...´)Die Unio Mystica, das Einswerden mit Gott, ist das Ziel aller Mystiker und so steht Bach mit seiner Braut- und Liebesmystik den großen Meistern in Ost und West sehr nahe. In dieser Arie wundert sich Maria darüber, als niedrige `Magd Gottes´, als unwürdiger Mensch, zur Gottesmutterschaft berufen zu sein und somit in den Zustand größtmöglicher Gottesnähe zu gelangen.

DSCHELALEDDIN RUMI

Dschelaleddin Rumi, genannt Maulana (persisch) / Mevlana (türkisch)` unser Meister´, war einer der größten persisch sprachigen Dichter, Sufi - Mystiker und Gelehrten. In seinen hinreißenden Versen sind mystische Trunkenheit und Extase die Wege zur Vereinigung mit dem göttlichen Geliebten. - `Nur Liebe, nur Liebe - wir haben sonst kein Werk!´ - Maulana erfand den später berühmt gewordenen Wirbeltanz der Derwische; Musik und Tanz waren ihm Mittel, das Unaussprechliche der schöpferischen Liebe auszudrücken. In diesem Lied ist der Dichter selbst die Laute (Robâb), die vom göttlichen Freunde zum Klingen gebracht wird. Durch ihren Gesang überwindet die Laute den Schmerz, den ihr die Trennung vom Geliebten im irdischen Dasein bereitet. Alle Menschen, die diese Liebe empfinden - gleich welcher Religion und Nation,verstehen die Sprache der Laute.

RAMON LLULL

Ramon Llull (Raimundus Lullus) war einer der ersten Troubadours des spanisch/ südfranzösischen Raums und Gelehrter am Hofe König Jaimes I. in Palma de Mallorca. Nach mehreren visionären Erlebnissen stellte er sich in den Dienst Christi und verfolgte zeitlebens das Ziel, die drei monotheistischen Religionen miteinander zu versöhnen. In seinem Buch vom Heiden und den drei Weisen schilderte Lullus den regelmäßig stattfindenden freiheitlichen, gleichberechtigten und respektvollen Dialog der drei Religionsvertreter... Ehe sich die drei Weisen nach ihrem Gespräch in aller Freundschaft trennen, beschließen sie, das Religionsgespräch solange fortzusetzen, „bis wir alle drei uns zu einem einzigen Glauben und einer einzigen Religion bekennen und bis wir einen Weg finden, wie wir einander am besten ehren und dienen können, sodass wir zur Eintracht gelangen. Denn Krieg, Wirrsal, Missgunst, Unrecht und Schande hindern die Menschen daran, sich auf einen Glauben zu einigen.“… Als „christianus arabicus“ mit der arabischen Kultur vertraut, schuf er eine Lyrik, die jener der großen orientalischen Mystiker nicht nachsteht.

YUNUS EMRE

Der berühmte türkische Mystiker und Dichter, war einer der ersten, die ihre Verse in türkischer Sprache schrieben. Nachdem er vierzig Jahre lang in den Diensten eines Sufi- Meisters gestanden hatte, wurde er in die Geheimnisse der Mystik eingeweiht und lebte fortan als Derwisch, als `Bettler´, welchem materieller Besitz gleichgültig ist, oder bildlich, der seine Armut gegenüber dem Reichtum Gottes erkennt. Viel ist von seiner Biografie nicht überliefert. Seine mystischen Gedichte sind alle als Liedersammlungen überliefert. Diese Gesänge werden traditionell von den Sufi- Orden praktiziert.

ALFONSO X., EL SABIO

Alfonso X., El Sabio (Der Weise), König von Kastilien und Leon, war einer der gelehrtesten Fürsten des Mittelalters. Politisch wenig erfolgreich, war er ein großer Förderer von Kunst, Literatur und Wissenschaft, dichtete und schuf juristische, philosophische und astronomische Werke. In Toledo gründete er eine Übersetzerschule, in der Juden, Moslems und Christen gemeinsam das arabische, jüdische und klassisch griechische Wissen für das christliche Europa übersetzten. Auch veranlasste er die Sammlung der Cantigas de Santa Maria, die mit über vierhundert Cantigas eine der größten mittelalterlichen Liedersammlungen ist. Mehrere der galizischen Lieder (Cantigas) zu ehren der Jungfrau Maria werden König Alfons selbst zugeschrieben.

LIEDER DER SEFARDEN

In den Zeiten der maurischen Herrschaft im mittelalterlichen Andalusien, besonders jener der Kalifen von Córdoba, lebten Moslems, Juden und Christen jahrhundertelang in gegenseitiger Toleranz. Es bestand ein reicher kultureller Austausch, in dem sich Al Andalus zu einer Hochburg der Künste und Wissenschaften entwickelte und reiche Wirtschafts- und Sozialstrukturen schuf. Die spanischen Juden, die Sefarden, sangen ihre Volkslieder in der judeo- spanischen Mundart Ladino. In ihren Liedern verschmolz die eigene Kultur mit arabischen Liedformen und Elementen der altspanischen Cantigas. Nach der Vertreibung der Juden während der `Reconquista´, ließen sich viele Sefarden in Nordafrika, dem Balkan und vor allem der Türkei nieder. Ihre Musik nahm das musikalische Kolorit der jeweiligen Wahlheimat an. Vor allem in der Türkei blieben die Sefarden von weiteren Verfolgungen verschont. In Istanbul gibt es noch heute eine größere, jüdisch- sefardische Gemeinschaft. In der älteren Generation wird nach wie vor Ladino gesprochen.

Schirin Partowi

 

 

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MUSIKER

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